Street Fighter 6

Street Fighter 6

Street Fighter ist neben Mortal Kombat und Tekken einer der drei großen Namen für erwachsene Kampf- und Prügelspiele. Möchte man deutlich kinderfreundlichere und im Gameplay reduzierte Verfechter mitbetrachten, darf keinesfalls Super Smash Bros. Weggelassen werden. Da wir hier aber im Erwachsenensegment bleiben wollen, schauen wir in diesem Offtopic-Test ganz bewusst über den Tellerrand und das Ergebnis, das Capcom mit Street Fighter 6 einfahren konnte.

Ein Blick zurück

Street Fighter ist genau das, wonach es klingt: der Inbegriff teils schmutziger Straßenkämpfe auf den Straßen dieser Welt. Ob MMA, Grappling, Asiatische Kampfkunst oder der rabiate Schläger, ihr durftet euch in Street Fighter schon immer mit einer schönen Anzahl an Charakteren austoben. Alles begann im Jahr 1987 mit dem ersten Titel der Reihe, indem der Grundstein gelegt und mit Street Fighter II samt neu eingeführter Special-Moves ein großes Publikum fand. Anspruchsvolle Tastenkombinationen, die zu beachtlichen Angriffen und Schadenseffekten führten, sorgten fortan für gefüllte Spielehallen und heiß laufende Arcade-Automaten. Seither sind mehr als 35 Jahre vergangen und wir schreiben Street Fighter 6. Das Franchise hat sich vor und zurück erfunden, Special-Moves erweitert, umbenannt, vereinfacht und uminterpretiert. Street Fighter 6 möchte nach einer siebenjährigen Kampfpause diversere Wege beschreiten. Ob dies gelungen ist, schauen wir uns gemeinsam an.

Drei Modi

In Street Fighter 6 soll für jeden etwas dabei sein. Dafür wollen drei Modi sorgen. Angefangen bei der World Tour in der ihr in eine Semi-Open-World-Kampagne einsteigt, einen Lehrmeister an die Seite gestellt bekommt und euch am Ende allen Charakteren des 6-er Ensembles stellen dürft.

Zuerst geht es aber einmal in den Avatar-Editor. Ihr dürft euch aus einer beeindruckenden Zahl an Optionen den ganz eigenen Kämpfer erstellen. Egal ob völlig überzogen oder ein Abbild eurer selbst, ihr entscheidet über jede Kleinigkeit in der Beschaffenheit eures Straßenkämpfers. Dazu zählen natürlich auch die Körpergröße, Proportionen, Stimme, Geschlecht und Outfits. Keine Sorge, für Experimente ist genug Platz. Ihr könnt sowohl im Verlauf der World-Tour gegen etwas Kleingeld den Charakter anpassen, als auch einen der diversen Slots befüllen.

Habt ihr euch entschieden, geht es in Missionen, Aufträge, das Erlernen von neuen Moves und Spezialangriffen, was sich ordentlich ziehen kann und natürlich auch in diverse Kämpfe. Hier werden euch die Charaktere mit Leveln angezeigt, um einen Hinweis darauf zu geben, ob ihr euch schon in den Kampf werfen oder noch etwas an weniger herausfordernden Widersachern erproben solltet. Ihr habt zumeist an CPU Gegnern geringere Schwierigkeitsgrade zu erwarten. Insgesamt kann euch die World-Tour mehr als 20 Stunden beschäftigen und zahlreiche Moves und Outfits, die ebenfalls Effekte für eure Kämpfer mitbringen, einbringen. Wenn ihr später gegen reale Gegner antretet, könnt ihr diese Fortschritte mitnehmen und einsetzen. Neben diesen schönen Effekten der Kampagne wirkt die World-Tour ambitioniert, aber nicht konsequent durchdacht und ausentwickelt. Die visuelle Qualität und Performance lassen hier und da zu wünschen übrig und können einen vergessen lassen, sich gerade auf einer der leistungsstärksten Heimkonsolen zu befinden.

Entsprechend zügig haben wir uns im Test dem Herzstück der Modi, dem Fighting Ground zugewandt. Hier dürft ihr euch über alle Modi aus Street Fighter V freuen. Erwartungsgemäß ist der Arcade-Modus mit von der Partie, hier dürft ihr bei veränderbarem Schwierigkeitsgrad in fünf bzw. 12 Stages die Gegnerpallette von 18 Kämpfern durch 16 Stages kloppen. Natürlich mit unterschiedlichen Charakter-Effekten, Schadensmodellen und dynamischen Umgebungen. Wunderschön werden die Stages in Szene gesetzt und behalten dabei konsequent den comichaften und doch authentischen Charakter der Street Fighter Serie bei. Ihr könnt zwischen einer klassischen Steuerungserfahrung mit sechs Tastenoptionen, einer dynamischen, die auf Aktionen mit drei Tasten setzt und sich nach eurer Position richtet und einer modernen, die euch weniger auf Tastenkombinationen achten lässt, wählen. Ganz zu leicht solltet ihr es euch aber nicht denken, gegen eure Realen Kämpfer zu bestehen. Der „easy“ Mode ist nämlich im Online-Spiel und Ranglisten ausgeschaltet.

Wer sich genug im Arcade ausprobiert hat, der kann seine Moves in Combo-Prüfungen verfeinern und im Versus Modus gegen Computer oder Mensch antreten. Turniersysteme sind hier ebenfalls spielbar und bringen viel Spielspaß, auch wenn Street Fighter erfahrungsgemäß nicht das einsteigerfreundlichste Franchise ist, sondern eher auf Arcade-Stick-Veteranen setzt. Das soll sich spätestens mit Street Fighter 6 und den erwähnten Spielmodi und weiteren Barrierefreiheitseinstellungen ändern.

Wer auf mehr Herausforderungen steht, darf in Ranglistenmatches antreten und Ryu, Ken, Blanka und viele weitere Klassiker und Neuzugänge auf die Platte bringen! Seid ihr in privaten Matches unterwegs, dürft ihr auch die Spielbedingungen wie Ausstattung, Energieleisten, Spieldauer, Kämpfe bis zu einem Sieg uvm. definieren. Wichtig ist hier zu erwähnen, dass bereits im Fighting-Ground die Online-Funktionen nur dann spielbar sind, wenn ihr euch für eine Capcom-ID registriert und sie mit dem Spiel verknüpft. Tut ihr das nicht, wird euch der Spielumfang schnell auf die Hälfte eingekürzt und die Online-Features sind vom Tisch – schade!

Bis ihr ins Online-Match geht, vergehen aber sicher durch World-Tour, Training und Fighting Ground etliche Stunden, in denen ihr das Drive-System verinnerlichen wollt und müsst, wenn ihr online bestehen möchtet. Die Drive Anzeige besteht aus sechs gelb-grünen Energiebalken, die für unterschiedlich intensive Angriffe beansprucht werden und sich von allein regenerieren. Dabei gibt es fünf Arten von Drive-Angriffen.

Drive Impact sorgt für einen kräftigen Schlag, der den Gegnerangriff absorbieren kann und ein Segment verbraucht. Beim Drive Parry kann ein ideal getimter Move für das Parieren des Gegnerangriffes und die Wiederaufladung eurer Drive-Anzeige sorgen. Zum Overdrive kommt es, wenn ihr zwei Tasten desselben Typs statt einer drückt und so die Special Move Attacke zu einer mächtigeren Overdrive-Variante der umwandelt. Sie verbraucht zwei Drive-Segmente und wird ziemlich cool animiert! Beim Drive Rush geht ihr vom normalen Angriff in den starken Frontalangriff oder vom Parieren in die Offensive. Kommt ihr aus dem Drive Parry, kostet euch das nur ein Drive Stock, aus dem Normalangriff sind es ganze drei. Seid also sorgsam in der Verwaltung eures Drives, sonst rutscht ihr schnell ins paralysierende Burn-Out. Das letzte Drive-Feature ist das Drive Reversal bei dem ihr einen Gegnerangriff blockt und mit einem Gegenangriff erwidert. Der Schaden fällt eher gering aus, kann euch aber gerade im letzten Moment die Haut retten. Habt ein Reversal also immer im Repertoire!

Im Battle Hub

Geht ihr nach World Tour und Fighting Ground mit perfektionierten Drive-Moves nun in die Online-Spielerei über, wartet der Battle Hub auf euch. Hier treffen sich Spieler aus aller Welt in einem Hub-Bereich, in dem die guten alten Arcade-Automaten stehen. Hier dürft ihr euch an den Spielen anderer laben und einfach nur zuschauen und genießen. Wer in Nostalgie schwelgen mag, der geht in das Game Center und spielt einen von vielen Klassiker Titeln, in denen ihr euch sogar gegen reale Spieler messen und Highscores jagen dürft. Darüber hinaus könnt euch im CFN – dem Capcom Fighting Network - um soziale Aspekte wie Kampfclubs mit etlichen Optionen, Spielerchecks, Replays und Rankings beschäftigen. Wer wissen will, was es für aktuelle Events und Turniere gibt, der sollte unbedingt auch beim Event Center halt machen. Die mit Schweiß und verknoteten Fingern erspielten Fortschritte eures Avatars in der World Tour dürfen im Modus Avatarkampf eingesetzt und aneinander gemessen werden. Darüber hinaus wartet der Kampfautomat. Hier geht es mit dem Umfang von Street Fighter 6 zur Sache. Egal ob selbst im Ring oder als Zuschauer, ihr werdet einiges erleben!

Performance & Sound

Wie bereits erwähnt, will Street Fighter 6 für mehr Zugänglichkeit sorgen. Dafür sind nicht nur Barrierefreiheitseinstellungen wie Farbschemata und die dynamischen Tasten-Systeme ins Spiel gekommen, sondern auch vielfältige akustische Signale und die umfangreichen Lobby-Konfigurationen. Ihr dürft auch Cross-Platform mit Xbox und PC oder Cross-Gen spielen.

Bei all diesen Einstellungen zeigt sich Street Fighter 6 äußerst performant. Es gibt im Fighting-Ground keine Performance oder Technik-Probleme. Das Spiel läuft flüssig und rund und das sieht man. In der World Tour wurden technisch ein paar Abstriche gemacht, was auf Kosten der ein oder anderen Textur, Weitsicht oder dem Animationsfluss gegangen ist.

Soundmäßig macht auch Street Fighter 6 wieder viel Spaß. Die typischen Kampfsounds sind wuchtig und stimmungsvoll inszeniert und auch der ein oder andere Track wummert mächtig. Gefallen haben uns auch die diversen Kommentatoren, die je nach Sprache variieren und für Stimmung sorgen. Es ist aber auch hier eher als Plus anzusehen, denn bei dem Effekt-Feuerwerk, dass nicht selten in hitzigen Straßengefechten an der Tagesordnung ist, ist die Einordnung des Kampfgeschehens eher für Außenstehende aber nicht diejenigen, die gerade verschwitzt ihre super-duper-Kombo hinlegen wollen.

Preismodelle und Mikrotransaktionen

Für einen vollständigen Blick auf das Gesamtpaket, das bis hierhin bereits mit ansprechendem Umfang punkten konnte, muss auch der Blick auf Zusatzkosten geworfen werden. In der Vorstellung des Battle Hubs haben wir euch nämlich den Shop vorenthalten. Im Hub-Waren-Shop ist wirklich alles enthalten, was der individualisierungssüchtige Kampfspielfan zu wünschen wagt. Gleichzeitig werden gesalzene Preise aufgerufen. Ihr habt die Chance, alle Inhalte durch Ingame-Währung zu bezahlen. Hier wären die Drive-Tickets, die ihr durch das meistern von besonderen Aufgaben und Challenges verdient oder als Beigabe der diversen Spielversionen erhaltet und damit ebenso teuer erkauft. Wer keine Geduld mitbringt, der darf auch Fighter Coins investieren, die es ebenfalls für Meilensteine wie tägliche Herausforderungen gibt oder er kauft sich Münzpakete im jeweiligen Shop seiner Plattform. Preislich fangen letztere mit 250 Coins für 4,99€ an. Wer also beispielsweise für seinen Avatar Kopfhörer will und dafür 100 Coins blechen muss, zahlt direkt um die 2€ in Echtgeld. Solche Beträge lassen sich natürlich noch leicht erspielen. Bei den großen Schmuckstücken wird es dann eine Frage des Grinds oder losen Portemonnaies. Es ist an dieser Stelle klar, dass diese Wege der zusätzlichen Monetarisierung auch für Capcom attraktiv ist, solang sich hier jedoch kein Pay-to-Win einstellt, weil Ausrüstung Kraftvorteile bringt, soll es jedem selbst überlassen sein, ober er für ein Quäntchen Individualisierung extra in die Tasche greift. Nette Spielereien gibt es hierfür jedenfalls.

FAZIT

Street Fighter 6 beweist eindrucksvoll, zu den Besten des Genres zu gehören! Etliche offline und online Kampf-Modi, inkl. der Open-World-Kampagne sorgen für reichlich Spielspaß. Dabei dürft ihr euch nun zwischen klassischem, modernem oder dynamischem Eingabesystem entscheiden und euch mit Spielern aller Welt messen. Letzteres geht jedoch nur, wenn ihr euer Spiel mit einer Capcom-ID verknüpft. Wer dies nicht tut, verzichtet auf etliche coole soziale Features und weitere Modi und schaut ausschließlich in die Offline-Kampfröhre. Diese ist aber allein im Arcade-Modus und mit einem verfeinerten Drive-System so vielfältig, dass es dutzende Spielstunden braucht, ehe ihr euren Straßenkämpfer im Griff habt. Bei der Performance überzeugt Street Fighter 6 auf ganzer Linie, grafisch, bis auf die World Tour, ebenso. Einzig das Shop System für Cosmetics ist kostspielig, wobei ihr alle Items auch durch tägliche Herausforderungen, Events und die entsprechende Portion Fleiß und Geduld erwerben könnt. Alles in allem schafft Street Fighter 6 den Spagat zwischen Fanservice, Innovation und Einsteigerfreundlichkeit.

Grafik 9
Sound 8.5
Performance 8.5
Innovation 9
Umfang 10
Barrierefreiheit 9
Zugänglichkeit 8

GESAMT 9

PRO:
wuchtiger Umfang
klassische und neue Charaktere
World Tour als Open-World Feature
beeindruckender Avatar-Editor
vielfältiger Battle-Hub
Komplexitätsreduktion durch klassisch-modern-dynamisch-System
verfeinertes Drive-System

CONTRA:
Capcom-ID Zwang für Online-Features
Qualitätsabstriche bei der World Tour
Echtgeld-Preise für Coin-Pakete recht hoch

Danke an Capcom Europe für die Bereitstellung des Testmusters.

verfasst von „ Maik“

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Letzte Aktualisierung: 03.07.2023, 21:42 Uhr